Dienstag, 1. Dezember 2009

(Tag 335) 90 Minuten

Meistens dauert ein guter, knackiger Hollywood-Actionfilm ziemlich genau 90 min. Darin verpackt: Unterhaltung, Spannung, Kurzweil. Idealerweise merkt man kaum, dass die Zeit vergeht, zwischen all den Verfolgungsjagden (Bullit!), Schiessereien (Heat!) und schnappiger Dialoge (Reservoir Dogs!)

90 Minuten ganz anderer Art hab ich am Sonntagabend in Eindhoven erlebt. Was zum Geier mach ich sonntagabends in Eindhoven, fragt ihr euch? Ja, das hab ich mich auch gefragt. Bin diesmal mit dem Zug aus W'tal nach R'dam gefahren, weil ich Nerven und Kilometerzähler mal schonen wollte. Aber immer wenn ich mit dem Zug fahre, geht was schief.

Diesmal wurde verkündet, dass wegen einer Weichenstörung ("wisselstoring"), keinerlei Zugverkehr aus Eindhoven in irgendeine relevante Richtung mehr möglich wäre. Muss eine verdammt wichtige Weiche gewesen sein, die da ihren Geist aufgegeben hat. Naja, der Zugführer wusste auch nichts genaues, möglicherweise gäbe es Ersatzbusse.

Nun kommt in Eindhoven gleichzeitig zu dem Zug Venlo-Den Haag noch ein Zug Maastricht-Amsterdam an. Beide Züge sind ziemlich lang, doppelstöckig und voll. Anscheinend gibt es eine Menge mehr Leute, die das gleiche wie ich tun - nämlich das Wochenende am liebsten an einem anderen Ort als ihrem Hauptwohnsitz zu verbringen. Also schütteten sich ca. 1000 ratlose Pendler auf den Bahnsteig aus. Info dort, nach ca. 15 bis 20 min: bitte runter und raus aus dem Bahnhof, zu den Bussen, mit denen man nun weiterverfrachtet werde. Wegen des Gequetsches wartete ich etwas ab. Allerdings trafen inzwischen zwei weitere Züge auf anderen Bahnsteigen ein, die 30min spätere Variante der beiden vorher erwähnten Züge. Weitere 1000 Menschen quollen heraus und drängten sich in die Bahnhofshalle.

Busse, nehmt die Busse, hiess es!

Also bin ich mal schauen gegangen, draussen. Dort rangen 2 (!) Mitarbeiter der NS mit den nun etwa 2000 aufgebrachten Menschen. Es ging das Gerücht, dass 2 Busse angekommen und wieder abgefahren seien. Als sich ein Reisebus näherte - von dem niemand sagen konnte, ob er überhaupt für den Schienenersatz gedacht war, rannten Massen von Menschen ziel- und kopflos auf ihn zu. Hupen. Fäuse bollern gegen Scheiben. Und was passiert? Der Busfahrer ergreift die Flucht, er manövriert sein Gefährt frei und braust mit Vollgas davon. Besonders spektakulär, völlig gefährlich und mir total unverständlich: verfolgt von einer Horde Jugendlicher mit riesigen Reisetaschen, die dem Bus johlend ca. hundert Meter hinterherrannten. Das keiner unter die Räder kam (wörtlichst!), ist ein Wunder.

Kopfschüttelnd ging ich wieder auf den Bahnsteig. Dort standen, abseits und eher unbeachtet, zwei wichtig aussehende Typen mit Mobiltelefonen und Funkgeräten. Ich fragte einfach mal nach... kommt man bald weiter? Jaja, in 10 min fahren die Züge wieder, der auf Gleis 2 würde mich nach Rotterdam bringen.

Auf Gleis 2, gähnende Leere und ein leerer Zug. Die zugehörige Schaffnerin wusste von nichts, neeeeeeeein, der Zug fährt zurück nach Venlo in einer halben Stunde... jedoch, der Lokführer, den ich einfach mal gefragt hab, meinte: "klar, wir fahren in 10min, Strecke ist wieder frei".
Uffz. Also saß ich im (noch leeren) Zug... und wartete... dann haben sie wohl eine Durchsage gemacht, denn zunächst nach und nach, dann in gewaltigen Massen, stürzten die Leute auf den Bahnsteig. Rannten. Schupsten. Sprangen. Da hatte ich dann doch noch den Action-Film. Alle wollten in den Zug! Es war so schlimm, dass der Lokführer durchsagte, dass unser aller Sicherheit gefährdet sei, wenn der Zug überfüllt würde...
Naja, am Ende ist alles gut gegangen, und ich bin letztlich mit fast 2h Verspätung in Rotterdam angekommen. Bei so einer langen Verspätung bekommt man von der NS 100% des Fahrpreises zurückerstattet... hehehe... aber ich hab ohnehin "noch eine Fahrkarte" übrig, da natürlich bei all dem Trubel kein Schaffner rum kam... aber psst... ;-)

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